Was ist Stil? Bei Wikipedia heisst es dazu „jemand hat Stil, wenn er sich innerhalb eines geschmacklichen Kanons sicher bewegt.“ Doch was ist der geschmackliche Kanon? Ist es das, was uns die Werbung vorzeigt? Die Modemagazine? Wird man damit geboren oder entwickelt sich dieser? Ist Stil eine Frage des Geldbeutels? Und: hat nicht jeder von uns seinen eigenen Stil?
Interessant ist, dass die Mehrheit der Menschen, unabhängig davon, ob sie selbst etwas davon verstehen, guten Stil sofort erkennen. Stil ist vor allem, selbstsicher zu wirken und es auszustrahlen. Egal, was du trägst. Stil ist nicht, wie teuer das Teil war. Stil ist nicht, dass ein bestimmter Brand über allem prangt. Oder dass es «in» ist. Stil ist, wie du dich darin fühlst und wie du es nach aussen ausstrahlst. Du trägst das Kleidungsstück, es trägt nicht dich. Und zu guter Letzt: Stil ist nicht Style. Wenn jemand seinen eigenen Style gefunden hat, mag er noch so stillos sein, trägt er ihn mit einem Selbstbewusstsein zur Schau, was viel wichtiger ist, als eine Etikette.
Wie sieht nun guter Stil aus?
Stil ist in erster Linie Farbe. Man sieht aus der Entfernung, ob eine Frau stilvoll gekleidet ist, ohne die Details im Auge zu haben. Gerade wenn man sich nicht sicher ist, hält man sich am besten an bestimmte Farbkombinationen. Zum Beispiel eine Farbwelt, also Braun kombiniert mit Beige, Hell- mit Dunkelblau, nur Grau, nur Schwarz, usw. Oder aber man kombiniert die klassischen Farben miteinander, jedoch nicht mehr als zwei. Komplementärfarben wie Braun (oder Beige) und Blau (hell oder dunkel, jedoch nicht beides), Schwarz und Weiss, oder Schwarz und eine andere Farbe (auch hier: nur eine). Auch Pastelltöne gehen, wie zartes Flieder oder Rosa (zum Beispiel als Top) zu Dunkelblau. Wenn du mal etwas wagen möchtest, versuche es mit Grün oder Lila als Highlight bei einem Kleidungsstück – achte nur darauf, dass die Farbe dir gut zu Gesicht steht. Diese Grundsatzregel gilt auch für Männer, jedoch: Frauen dürfen viel tiefer in den Farbkasten greifen. Da ist Rot drin, und Gelb, und Türkis, und Pink und noch so viel mehr. Stelle dich vor den Spiegel und halte die Farbe an dein Gesicht. Lässt sie dich erstrahlen oder macht sie dich blass? Und wenn sie dich blass macht, du die Farbe aber so toll findest: Setze sie als Highlight im unteren Körperbereich ein, als Rock oder Hose zum Beispiel. Die Alternative wäre eine professionelle Farbberatung.
Stil ist auch Qualität. Kaschmir vor Acryl, jedoch Acryl vor verfusselt. Es braucht nur wenige hochwertige Basics, wie zum Beispiel ein Seidentop, einen Rollkragenpullover aus Wolle oder Kaschmir und eine gutsitzende schwarze Hose, um die Grundlagen für den eigenen Stil zu schaffen. Denn Stil ist auch der Sitz der Kleidungsstücke: Ärmellänge, Schnitt, vor allem Schnitt: Eine weite Hose mag cool sein, und cool auch stilvoll, aber wenn sie dich zwei Kleidergrössen grösser macht, wäre eine engere die bessere Alternative. Eine cropped Länge sieht nur gut aus, wenn du dazu die passenden Schuhe trägst. Und die Länge des Rocks hat nichts mit dem Alter zu tun sondern nur mit dem Inhalt. Warum solltest du mit 40 oder 50 nicht zeigen, was du hast? Achte lediglich darauf, dass du die Kürze des Unterteils mit dem Oberteil „entschärfst“ – wenn es dessen bedarf. Geh mit deiner Freundin shoppen, und bitte sie, dich in verschiedenen Teilen zu fotografieren. So kannst du – aus der Perspektive eines Dritten – selbst entscheiden, was dir am besten steht.
Stil ist ebenfalls, verschiedene Stoffe und Formen miteinander zu kombinieren. Denken wir an Carrie Bradshaw: Ihre Tüllröcke waren legendär, ob und am liebsten trug sie diese zu Baumwolltops. Und das Boyfriend-Hemd mit Gürtel und Heels bleiben unvergesslich. Apropos Heels: Schuhe sind bei einem stilvollen Outfit das A und O. Es dürfen auch Biker-Boots sein, wenn sie denn zum Rest passen. Oder gewollt den Rest «brechen» sollen. Aber, es geht tatsächlich nichts über Heels. Und sie müssen nicht mörderisch sein. Hauptsache elegant. Also nichtz Oma-like. Ganz viele Outfits lassen sich allein durch Schuhe vom Tages- zum Nachtlook umstylen. Ja, sie sind nicht bequem. Und wenn deine Füsse das nicht mitmachen, bleibe bei Flats. Aber wenn du dich für Pumps entscheidest, trage sie mit Stolz. Deine Beine werden länger, dein Gang automatisch langsamer und deine Haltung aufrechter. Spitze Pumps wirken stilvoller, als abgerundete, aber das kommt auch auf die Trägerin an.
Noch ein Tipp: Schaffe dir eine eigene Capsule Collection in deinem Kleiderschrank. Sortiere die Teile nach Farbe oder danach, wie du sie kombinieren würdest. Du erkennst auf einen Blick, was nicht dazu passt. Das schönste Top (ich habe so eines aus Samt) mag genau das Piece sein, das zu nichts passt. Und dann: konsequent aussortieren. Verkaufen, spenden, verschenken. Gönne den Kleidungsstücken ein zweites Leben. Und reinvestiere in Dinge, die noch fehlen. Kaufe dir zum Beispiel ein schönes Tuch, einen Taillengürtel, eine Kette oder ein paar Creolen. Oder auch einen klassischer schwarzer Wollmantel. Er darf auch eine Vorbesitzerin gehabt haben, je nachdem, was dein Budget zulässt.
Zu guter Letzt noch etwas zu den wenigen Männern, die sich die Mühe gemacht haben, bis hierhin zu lesen: Was das Farbkonzept anbetrifft, gilt auch hier die gleiche Regel, nur dass es etwas weniger bunt werden darf. Zumindest ab Mitte 30. Gepflegte, saubere Schuhe, ein passender Gürtel und eine Uhr sind die einzigen Accessoires, die Mann benötigt. Alles andere wie Ketten oder Armbänder funktionieren am besten bei unter 30 Jährigen oder Personen, die im Hip Hop-Business tätig sind. Aber das ist wohl meine persönliche Meinung.