Die härteste Zeit des Jahres steht uns gerade bevor und überall lauern die Versuchungen: Glühwein, Plätzchen, fettiges Essen, der Duft nach Vanille und Zimt. Hinzu kommt die Kälte, der Körper versucht, seine Fettreserven aufzustocken, wir essen mehr. Und nicht zu vergessen der vorweihnachtliche Stress, wodurch der Cortisol-Spiegel steigt und damit die Gewichtszunahme begünstigt wird.
Während ich diese Zeilen schreibe, stelle ich mir selbst die Frage, ob ich gerade die richtige Person dafür bin, über Essen aufzuklären. Die letzten Wochen habe ich das Gegenteil von dem gemacht, was hier noch folgen soll. Und trotzdem: Ich bin mir dessen bewusst, und diese paar Kilos nehme ich in Kauf, weil ich mich durch sie nicht in Panik versetzen lasse. Und weil ich den Schlüssel dazu, wie man sie wieder loswird, kenne. Ich mag ihn nur gerade nicht ins Schloss setzen. Viel lieber backe ich, esse es, solange es noch warm ist, hole mir Nachschlag und übergiesse ihn mit Wein. Offenbar brauche ich das gerade.
Was ist denn nun mit dem Essen? Fakt ist: Weder ich noch die meisten, die meine Texte hier lesen, sind keine 20 mehr. Und auch keine 30. Ich erinnere mich an Wochen, an welchen mehr getrunken als gegessen wurde, und wenn gegessen, dann morgens um 5, um dem bösen Kater vorzubeugen, und trotzdem schmolzen die Kilos. Ich erinnere mich an die 30er, als die 17 Kilos aus der ersten Schwangerschaft innerhalb der ersten sechs Monate von alleine verschwanden, ganz ohne Sport. Und dann kommt irgendwann der Bruch. Die böse 40, wenn der Stoffwechsel nicht mehr das tut, was er sollte. Wenn jedes Stück Kuchen bestraft wird, und selbst den Kuchen anzusehen verboten werden sollte. Meine Kalorien habe ich schon immer mit aktivem Lebensstil – allem voran Sport – ausbalanciert, doch bei so deutlichem Überschuss wie jetzt ist das einfach nicht möglich.
Vor einigen Jahren machte ich eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin. Wenn ich nun das alte Wissen wieder auspacke, so fange ich an, Kalorien zu zählen. Der Teller sollte aus so und so viel Prozent Kohlenhydraten bestehen und so und so vielen Proteinen. Fleisch oder Fisch sollte drauf, viel Gemüse. Das sei gesund. Noch während dieser Ausbildung wurde ich zum dritten Mal schwanger und wagte etwas „verrücktes“: ich ernährte mich vegan. Das widersprach jedem Ernährungsratgeber, der uns empfohlen wurde (über Vegetarismus gingen diese nicht hinaus) und selbst meine Frauenärztin fragte mich regelmässig, ob ich so vernünftig sei, und mich gesund (also fleischlastig) ernähre. Als sei das Fleisch das Nonplusultra. Dass ich in dieser Zeit mehr über Ernährung gelernt habe, als in den zwei Jahren meiner Ausbildung, lässt mich mit Hochachtung über Veganer sprechen. Ich gebar ein gesundes Mädchen, hatte keinerlei Mangelerscheinungen (nun Eisen, aber das war auch bei den beiden ersten Schwangerschaften bereits der Fall) und stellte fest, dass ich auf Käse nicht verzichten mag. Inzwischen würde ich mich als Flexitarier bezeichnen, ich esse alles, worauf ich Lust habe, mit der Randnotiz, dass ich nur selten Lust auf Fleisch und Fisch verspüre.
Ich habe alles ausprobiert und würde mich davor hüten, zu behaupten, dass ein Lebensstil besser sei als der andere. Er mag besser für mich sein. Für mein Gewicht, für meine Haut. Doch ganz bestimmt nicht besser für alle. Essen ist mehr als ein notwendiges Übel. Es ist Genuss. Ihn sich nehmen zu lassen, ist das letzte, was wir tun sollten. Aber geniessen sollte man in Massen.
Hier einige Tipps für den Alltag:
- Süssgetränke sind wahre Kalorienbomben! In einer Dose Cola stecken zum Beispiel etwa 140 Kalorien. Zum Vergleich: um sie abzubauen, müsstest du etwa 15 Minuten joggen. Und zwar nicht auf der Stelle… Dasselbe gilt übrigens auch für alkoholische Getränke.
- Zucker, insbesondere in Getränken: Kaffee oder Tee gehen nur mit Zucker? Versuche es dir abzugewöhnen. Meistens dauert das nicht mal eine Woche. Und falls es nicht klappt: Vielleicht änderst du die Teesorte oder steigst von Kaffee auf Espresso um?
- Früchte sind gesund – aber in Massen: Früchte haben Fruchtzucker. Bananen, Ananas mögen gesund sein, aber auch voller Kalorien. Das wären zusätzliche Kalorien, denn dein Mittagessen besteht sicherlich nicht aus einer Banane.
- Trockenfrüchte: Überall sieht man momentan Werbung für Trockenfrüchte (okay, wahrscheinlich nicht überall, die Algorithmen gehen einfach davon aus, dass ich Trockenfrüchte mögen könnte). Nun, sie sind sicherlich nicht ungesund. Können zwar nicht mit den frischen Früchten mithalten, haben dafür aber Ballaststoffe. Nun kommt das grosse Aber: wie schnell sind 10 Zwetschen oder Aprikosen in der getrockneten Variante gegessen? Und würdest du so viel Frischobst auf einmal schaffen? Aufgrund ihres kleinen Volumens essen wir viel mehr, weil das Sättigungsgefühl nicht einsetzt. Bei gleicher Kalorienmenge. In der Werbung wird das Trockenobst als der gesunde Snack verkauft. Das mag stimmen, doch womit wird hier verglichen? Packt denn sonst eine Mutter ihrem Kind eine Packung Chips ein? Oder jeden Tag einen Schokoriegel? Wenn du die Wahl hast zwischen Schokolade und Trockenobst: Wähle Trockenobst. Hast du die Wahl zwischen Trockenobst und Frischobst: Setze auf Frischobst. Und wenn es heisst, Trockenobst oder gar nichts. Nun, gar nichts ist tatsächlich eine Option.
- Beobachte dich: Naschst du gern? Tagsüber Schokolade, abends auf der Couch Chips? Welche Essgewohnheiten hast du? Wo lässt es sich am einfachsten „einsparen“?
- Gehörst du zu den Oft-Wenig oder den Selten-Viel-Essern? Manche brauchen das Gefühl, richtig satt zu sein, andere dagegen setzen auf mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt. Sind die vermeintlich kleinen Portionen jedoch gar nicht so klein, könnte es problematisch werden. Beobachte dich selbst. Ein „Ernährungstagebuch“ gibt Aufschluss darüber, wie viel du tatsächlich zu dir nimmst. Schreibe auch auf, wie du dich nach dem Essen gefühlt hast. Leicht, voller Energie, oder erschlagen weil es zu viel war?
- Isst du, weil du Hunger hast? Oder eher aus Gewohnheit? Weil es da ist? Weil es an der Zeit ist? Aus Langeweile?
- Mach Sport: Sport kann zwar auch dafür sorgen, dass du vermehrt Hunger hast (weil die Kohlenhydratspeicher geleert wurden), gleichzeitig verbrennst du jedoch Kalorien, baust Muskulatur auf (die wiederum den Grundumsatz steigert) und vor allem bekommst ein besseres Körpergefühl.
- Du hast am Abend besonders üppig gegessen? Lasse am nächsten Tag das Frühstück aus. Gib deinem Körper die Zeit, die Kalorien zu verbrennen.
- Achte auf gesunde Fette. Klassische Beispiele: Avocado oder Olivenöl anstatt Butter. Fett ist nicht per se schlecht. Ich sehe Cerealien-Packungen in Deutschland mit dem Nutriscore B, die so weit entfernt von gesund sind, weil Zucker pur, dass es einen fast schüttelt. Und trotzdem: B! Weil: Kein Fett. Die Zucker-Propaganda ist noch immer zu stark, lass dich von dieser nicht beeinflussen. Etwas, das industriell hergestellt wurde und süss schmeckt, kann nicht gesund sein. Mir ist im Übrigen kein Olivenöl bekannt, dass einen besseren Nutriscore als C erhalten hat. Und nein, den sollte man trotzdem nicht literweise trinken.
- Nimm genügend Proteine zu dir. Allerdings: Sie müssen nicht tierischen Ursprungs sein! Hülsenfrüchte, Nüsse, Soja oder vegane Ersatzprodukte liefern genügend Eiweiss, auch für Sportler. Über die Empfehlung zur Proteingabe wird ohnehin gestritten.
- Manchmal macht es Sinn, dem Körper vorzugaukeln, er würde viel essen, ihn in Wirklichkeit jedoch mit ganz wenig abzuspeisen. Beispielsweise habe ich immer Konjaknudeln zu Hause. Schmecken nach nichts, aber mit ordentlich Würze, Mozzarella und frischen Tomaten entsteht daraus ein recht passables Gericht. Es füllt den Magen, obwohl Konjaknudeln nur 8 Kalorien pro 100g haben.
- Du backst gerne? Spare am Fett und Zucker – und es schmeckt garantiert trotzdem gut! 30% weniger sind in fast allen Fällen absolut angebracht.
- Für die Kopfmenschen unter uns: Sobald eine Diät ansteht, macht der Körper exakt das Gegenteil von dem, was er sollte. Für viele ist eine Diät nicht das richtige (oder das langfristige) Mittel, um überhaupt abzunehmen.
- Gesunde Snacks gibt es im Grunde nicht. Das wäre dann eine Karotte. Wer will schon eine Karotte (der über 20 ist)? Alle Snacks, die gesund sein sollen – Nüsse, Trockenfrüchte, Gemüsticks mit Dip – sind nur zusätzliche Kalorien. Stell dir die folgende Frage: Isst du sie, weil du Hunger hast? Oder weil dir langweilig ist? Snacks machen nur Sinn, wenn andere Erwachsene dabei sind. Und als Sakuska.
- Denke positiv. Iss mit gutem Gewissen. Positives Mindset führt weniger zu Heisshungerattacken. Weniger Stress (zum Beispiel beim Kalorienzählen) führt zu weniger Heisshungerattacken. Sich selbst zu lieben führt zu weniger Heisshungerattacken.
- Glaube nicht alles, was du siehst. Es gibt kein Essen, dass einen Kilos nur am Bauch verlieren lässt. Die Kilos verschwinden – und das ist das gemeine daran – immer zuerst dort, wo du sie gerne hättest. Es gibt auch keine Workouts, die Fett an bestimmten Stellen schmelzen lassen. Du kannst Muskeln trainieren, nicht jedoch einzelne Fettdepots anzapfen. Aber die Summe macht’s. Das richtige Essen, Bewegung, sich wohl fühlen im eigenen Körper, Komplimente.
- Und das Wichtigste: Du möchtest ein paar Kilos verlieren? Dann schaffst du das auch! Nicht mit Verzicht, sondern mit Achtsamkeit. Was hast du sonst alles in deinem Leben gewuppt? Was sind dagegen die paar Kilos?
- Manchmal kommt eine Diät schneller als erwartet: Wenn man frisch verliebt ist. Oder frisch getrennt. Doch auch dieser Gewichtsverlust ist nicht von Dauer. Und das ist okay so.
Schatz, Du solltest gelegentlich mal ein Buch schreiben. Du bringst alles mit, was Freude beim Lesen macht 😊👍
Es erfüllt mich einfach immer wieder mit Stolz, was sich aus dem Teenie der einst in mein Leben getreten ist, entwickelt hat ❤️