Wie fühlt es sich an, verlassen zu werden? Psychologen sagen, eine Trennung sei wie der Tod. Man betrauert den Verlust. Wenn die Liebe nicht mehr da ist, bleibt einem nur noch die Trauer. Die ideale Trennung, falls es sie denn gibt, ist eine, die von beiden Partnern akzeptiert wird. Eine, in der beide am Ende sich die Hand geben und in die Augen sehen können.
Doch wenn man verlassen wird, ganz plötzlich, einseitig, unvorbereitet? Wenn man noch liebt, und der Partner bereit ist, zu gehen? Wenn der Partner sich monatelang darauf vorbereitet hat, und man selbst nun vor vollendete Tatsachen gestellt wurde? Wenn es sich anfühlt, als würde einem der Teppich unter den Füssen gerissen werden und man nur noch fällt, immer tiefer?

Wenn das, was immer war, plötzlich in Frage gestellt wird? All die Vertrautheit, all die gemeinsamen Stunden? Die Liebe, das Eheversprechen vor Dutzenden von Zeugen, das “in guten wie in schlechten Zeiten”? All das erscheint plötzlich sinnlos, irrelevant, ein grosser Betrug. Wie können fünf, zehn oder zwanzig Jahre des Zusammenseins in einem einzigen Moment so wertlos erscheinen? Die Welt bricht zusammen. Man spürt, wie die Wände einstürzen und einen darunter begraben. Und die Kinder? Was ist mit den Kindern? Plötzlich stellt man alles in Frage. All die gemeinsamen Jahre, die schönen Momente.
Die meisten von uns Frauen suchen den Fehler in erster Linie bei sich selbst. Ja, zu einer Trennung gehören immer Zwei. Doch derjenige, der geht, hat in der Hand, wie diese Trennung abläuft. Auf Augenhöhe, mit Respekt, oder von oben herab, zerstörerisch.
Für uns Frauen bleiben zwei Optionen: Trauern, hassen, weinen, schreien, die Schuld bei sich suchen, die Welt und den Mann verfluchen, den Kopf einziehen, irgendwie überleben. Oder: Trauern, hassen, weinen, schreien, aus dieser Wut Energie und Kraft schöpfen, sie einsetzen, in den Spiegel sehen und sich selbst sagen “ich bin gut”. Nicht nur überleben, sondern leben. Einen Neuanfang wagen. Sich um sich selbst kümmern. Sich auf sich selbst konzentrieren. Leiden, ja, das ist unumgänglich, aber auch die Wut rauslassen. Sport ist hierfür ideal. Sich fragen “wo war ich während unserer gemeinsamen Zeit?” Auch wenn alles im Moment schwarz und grau erscheint, in sich zu gehen, die negativen Gefühle zuzulassen und sie dann wegzuschieben. Sich zu sagen “Es wird wieder gut. Eines Tages wird es wieder gut.”
Ich weiss, was die erste Option bewirken kann. Ich habe es selbst gesehen. Ich habe es bei mir selbst bemerkt. Nicht nur unsere Seele leidet, sondern unser Körper gleich mit. Hautausschläge, Kopfschmerzen, Entzündungen am Körper, Sodbrennen, Appetitlosigkeit usw. Und das ist sogar noch harmlos im Vergleich zu ernsthaften Erkrankungen. All das passiert mit uns, weil wir uns selbst so wenig wertschätzen. Als hätten wir das Recht auf Glücklichsein verwirkt. Der Hass, die Wut, die Verletzung – sie machen uns krank, im wahrsten Sinne des Wortes.
Wir sind nicht das, was uns die Männer oft einreden zu sein. Wir sind gut. Und gut fängt im eigenen Kopf an. Gut beginnt damit, einen fremden Menschen anzulächeln. Einer älteren Person über die Strasse zu helfen. Einem Zugpassagier eine Maske zu schenken und den Bahnangestellten damit zu besänftigen. Dankbarkeit zu spüren. Positiv zu denken. Und vor allem freundlich und achtsam zu sich selbst zu sein. Das ist unsere Chance für einen Neuanfang. Alles zu überdenken, neu zu sortieren. Freundschaften wiederzubeleben. Denn seien wir ehrlich: Die meisten von uns vernachlässigen viele Freunde während einer Beziehung. Aber sie sind da. Und sie unterstützen uns. Wir sind nicht allein. Und wir sind viel sträker, als wir selbst glauben.
Wir schaffen das.